Samstag, 29. September 2012

Abgabetermin

Ende der Angebotsfrist

Bei der Angebotsfrist handelt es sich um eine Ausschlussfrist, so dass Angebote, die nicht bis zum Fristende vorliegen, vom Verfahren auszuschließen sind. 




Der Bieter hat grundsätzlich das Risiko der Übermittlung und des rechtzeitigen Eingangs seines Angebots beim Auftraggeber zu tragen.

Ein verspäteter Eingang des Angebots ist nur dann nicht dem Bieter zuzurechnen, wenn die Verspätung entweder der Auftraggeber oder niemand, z.B. Naturereignisse, zu vertreten haben. Eine andere Auslegung ist mit dem Gleichheitsgrundsatz aus § 97 Abs. 2 GWB nicht vereinbar.

Pünktlich im Gebäude, aber dennoch zu spät

Der Bieter hat zwar gerade noch rechtzeitig das Gebäude des Auftraggebers erreicht; zur rechtzeitigen Abgabe im in der Ausschreibung genannten Zimmer hat es leider nicht mehr gereicht. Das Angebot muss ausgeschlossen werden, da es nicht rechtzeitig am in den Ausschreibungsunterlagen genannten Ort abgegeben wurde. (→ VK Bund, Beschluss vom 23.1.2007 - VK 1-166/06 und OLG Koblenz Beschluss vom 20. Februar 2009, 1 Verg 1/09)

Abgabe an der Pforte

Der Bieter wollte sein Angebot persönlich abgeben. Er fuhr auch mehr als rechtzeitig los, doch leider kosteten der Verkehrsstau und dann noch die lästige Parkplatzsuche mehr Zeit als geplant. Buchstäblich in der letzten Minute kommt der Bieter an der Pforte des Auftraggebers an.
Da nicht mehr genug Zeit ist, das in der Ausschreibung benannte Zimmer im 5. Stock rechtzeitig vor Abgabetermin zu erreichen, übergibt der Bieter sein Angebot im verschlossenen Umschlag an den Pförtner und bittet diesen den Übergabezeitpunkt zu dokumentieren. Das Angebot muss ausgeschlossen werden, da es nicht rechtzeitig am in den Ausschreibungsunterlagen genannten Ort abgegeben wurde. Zwar hat der Bieter das Gebäude des Auftraggebers gerade noch rechtzeitig erreicht. Das Angebot ist aber nicht mehr rechtzeitig in das für die Ausschreibung genannte Zimmer gelangt.

Die Vergabekammer des Landes Brandenburg kam in einem ähnlichen Fall zu dem Beschluss (Vergabekammer des Landes Brandenburg beim Ministerium für Wirtschaft VK 81 / 04 26. 01. 2005) dass Pförtner keine Empfangsvertreter und auch keine Empfangsboten des Auftraggebers sind, wenn weder eine Weisung noch eine Vollmacht zur Annahme von Angeboten vorliegt. Eine verspätete Zustellung des Angebotes durch einen Pförtner beim Auftraggeber fällt in den Verantwortungsbereich der Bieter. Verspätet eingegangene Angebote sind auszuschließen.

Abgabe nach Abgabetermin, aber vor Öffnung der Angebote

Bei Vergabeverfahren gemäß VOL/A gibt es keinen öffentlichen Eröffnungstermin. Der Termin zum Öffnen der Angebote kann deshalb vom Abgabetermin der Angebote entkoppelt sein. Im vorliegenden Fall schaffte es ein Bieter nicht mehr rechtzeitig das Angebot zum Abgabetermin abzugeben. Bis zum Öffnungstermin (Submission) der Angebote war dieses Angebot allerdings eingegangen.

Die Frage, ob dieses Angebot mit in die Wertung genommen werden darf, hat das
OLG Jena  mit Beschluss vom 22. April 2004 (6 Verg 2/04) wie folgt entschieden: "Setzt eine Vergabestelle im Rahmen einer Ausschreibung nach VOL/A eine Angebotsfrist fest, ist es den Bietern – anders als im Falle einer VOB/A-Ausschreibung – nicht gestattet, ein Angebot noch bis zum Beginn der Submission (Öffnung der Angebote) nachzureichen. Ein erst nach Ablauf der Angebotsfrist eingegangenes Angebot unterliegt zwingend dem Ausschluss vom Wettbewerb [..]"

Weiteres über Fristen im Vergabeverfahren vermittelt das eintägige 
Seminar Praxisratgeber Vergaberecht - Fristen im Vergabeverfahren.




Veröffentlichungsfrist

Bei der Veröffentlichungsfrist handelt es sich um die Frist nach Absenden der Vergabebekanntmachung an das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft bis zur Veröffentlichung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften.

Der Auftraggeber muss seine beabsichtigte Auftragsvergabe (bei prognostizierten Auftragswerten ab oder oberhalb der Schwellenwerte) durch eine europaweite Veröffentlichung bekanntmachen.

Die Frist zur Veröffentlichung hängt von der Übermittlungsart ab.
Wird die Bekanntmachung elektronisch übermittelt mittels

dann muss die Veröffentlichung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. S) innerhalb von fünf Tagen erfolgt sein. Bei nicht elektronisch erstellten und übersandten Bekannt-machungen verlängert sich die Frist zur Veröffentlichung auf 12 Tage.

Bei nichtelektronischer Übersendung der Bekanntmachung


Veröffentlichungsfrist bei nichtelektronischer Übersendung der Bekanntmachung



Bei elektronischer Übersendung der Bekanntmachung


Veröffentlichungsfrist bei elektronischer Übersendung der Bekanntmachung


Nachdem die Bekanntmachung an  das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft übertragen wurde, werden in einem ersten Schritt die Pflichtangaben  einer allgemeinen Prüfung unterzogen. 

Nach der erfolgreichen Prüfung wird die Bekanntmachung durch das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft innerhalb der vorgegebenen Frist im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.

Wichtig für die Fristberechnung: Der Tag der Absendung wird bei der Fristberechnung nicht mitgezählt. Die Frist beginnt um 0:00 Uhr des Folgetages und endet mit Ablauf der letzten Stunde des letzten Tages der Frist, das heißt am letzten Tag um 24:00 Uhr.



Angebotsfrist und Veröffentlichungsfrist

Angebotsfrist und Veröffentlichungsfrist
Die Angebotsfrist beginnt am Tag nach der Absendung der Bekanntmachung um 0:00 Uhr. Bei elektronischer Übermittlung der Bekanntmachung beträgt die Veröffentlichungsfrist fünf Tage und beginnt wie die Angebotsfrist am Tag nach der Absendung der Bekanntmachung um 0:00 Uhr.

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Freitag, 28. September 2012

Fristverkürzungen beim offenen Verfahren gemäß VOL/A

Bei Vergabeverfahren gemäß VOL/A kann die (Regel)-Angebotsfrist durch folgende  Maßnahmen verkürzt werden:
  • durch Vorinformation über die Ausschreibung gemäß § 15 EG Abs. 6 VOL/A,
  • die elektronische Übermittlung der Bekanntmachung,
  • die Vergabeunterlagen und alle zusätzlichen Unterlagen sind auf elektronischem Weg frei, direkt und vollständig verfügbar.

Angebotsfrist beim offenen Verfahren

§ 12 EG Abs. 2 VOL/A
Beim offenen Verfahren beträgt die Angebotsfrist mindestens 52 Tage, gerechnet vom Tage der Absendung der Bekanntmachung an.

Die in § 12 EG Abs. 2 VOL/A genannte Angebotsfrist von 52 Tagen ist eine Mindestfrist. Um einen vernünftigen Wettbewerb zu gewährleisten, hat der Auftraggeber aber die Pflicht eine angemessene Angebotsfrist festzusetzen, die für die Komplexität und die Ausarbeitungszeit der Angebote erforderlich ist.

(Regel-)Angebotsfrist beim offenen Verfahren


Vorinformation über die Ausschreibung

§ 12 EG Abs. 3 lit. a Satz 1 VOL/A
Diese Angebotsfrist kann verkürzt werden, wenn die öffentlichen Auftraggeber eine Vorinformation gemäß § 15 EG Abs. 6 [..] mindestens 52 Tage, höchstens aber 12 Monate vor dem Zeitpunkt der Absendung der Bekanntmachung des Auftrags im Offenen Verfahren nach § 15 EG Abs. 1 - 4 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder in ihrem Beschafferprofil nach § 15 EG Abs. 5 veröffentlicht haben.

§ 12 EG Abs. 3 lit. b  VOL/A
die verkürzte Frist für die Interessenten ausreicht, um ordnungsgemäße Angebote einreichen zu können. Sie sollte in der Regel nicht weniger als 36 Tage vom Zeitpunkt der Absendung der Bekanntmachung des Auftrags an betragen; sie muss auf jeden Fall mindestens 22 Tage betragen.

verkürzte Angebotsfrist durch Vorinformation beim offenen Verfahren


verkürzte Angebotsfrist durch Vorinformation beim offenen Verfahren
 

Elektronische Übermittlung der Bekanntmachung

§ 12 EG Abs. 6 VOL/A
Bei elektronisch erstellten und übermittelten Bekanntmachungen können die Fristen nach Abs. 2 und 3 Buchstabe b) und Abs. 4 Satz 1 um 7 Tage verkürzt werden. 

verkürzte Angebotsfrist durch elektronische Bekanntmachung beim offenen Verfahren


verkürzte Angebotsfrist durch Vorinformation + elektronische Bekanntmachung beim offenen Verfahren


Vergabeunterlagen und alle zusätzlichen Unterlagen sind auf elektronischem Weg frei, direkt und vollständig verfügbar

§ 12 EG Abs. 6, Satz 2 VOL/A
Machen die Auftraggeber die Vergabeunterlagen und alle zusätzliche Unterlagen elektronisch frei, direkt und vollständig verfügbar, können sie die Frist für den Eingang der Angebote nach Absatz 2 und Abs. 5 Satz 1 um weitere 5 Tage verkürzen.

verkürzte Angebotsfrist durch elektronische Bekanntmachung + elektronische Verfügbarkeit der Unterlagen


Angemessenheit der Fristverkürzungen

Die Veröffentlichung einer Vorinformation stellt keine automatische Begründung für die Reduzierung der Angebotsfristen dar. Diese müssen vom Auftraggeber stets im Einzelfall auf ihre Angemessenheit überprüft werden. Die Angemessenheit der Angebotsfrist ist auch vom Umfang der zu vergebenden Leistung und dem Umfang der Verdingungsunterlagen abhängig. (Vergabekammer Sachsen, Beschluss vom 09.12.2002, Az.: 1/SVK/102-02)


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Montag, 24. September 2012

Angebotsfrist - Beginn und Ende

Die Angebotsfrist ist der Zeitraum vom Absenden der Bekanntmachung bis zum Abgabetermin für die Angebote. Für die Berechnung der Fristen finden unterhalb der Schwellenwerte die §§ 187 - 193 BGB  Anwendung. Oberhalb der Schwellenwerte ist die Verordnung EWG/EURATOM Nr. 1182/71 zu verwenden.

Angebotsfrist

Beginn der Angebotsfrist

Die Angebotsfrist beginnt am Tag nach der Absendung der Bekanntmachung um 0:00 Uhr. Im Gegensatz zum Fristende ist es für den Fristbeginn unerheblich, ob er auf ein Wochenende oder einen  Feiertag fällt. Unabhängig vom Wochentag ergibt sich immer der nächste Kalendertag mit Startuhrzeit 0:00 Uhr als Angebotsfristbeginn.

Beispiel 1:  Absenden der Bekannmachung an einem Montag
Angebotsfristbeginn an einem Werktag


Beispiel 2:  Absenden der Bekannmachung vor einem Feiertag

Angebotsfristbeginn an einem Feiertag

Beispiel 3:  Absenden der Bekannmachung an einem Freitag

Angebotsfristbeginn an einem Samstag

Ende der Angebotsfrist

Bei der Angebotsfrist handelt es sich um eine Ausschlussfrist, so dass Angebote, die nicht bis zu Fristende vorliegen, vom Verfahren auszuschließen sind. Die Bieter sind grundsätzlich selbst für den rechtzeitigen Eingang ihrer Angebote beim Auftraggeber verantwortlich. Das Risiko eines verspäteten Eingangs trägt der Bieter, es sei denn, der Bieter hat dies nicht zu vertreten.

§ 16, Absatz 3, lit e VOL/A
Ausgeschlossen werden Angebote, die nicht form- oder fristgerecht eingegangen sind, es sei denn, der Bieter hat dies nicht zu vertreten.

§ 19 EG, Absatz 3, lit e VOL/A
Ausgeschlossen werden Angebote, die nicht form- oder fristgerecht eingegangen sind, es sei denn, der Bieter hat dies nicht zu vertreten.

§ 10, Absatz 1, lit a VOB/A
Auszuschließen sind Angebote, die im Eröffnungstermin dem Verhandlungsleiter bei Öffnung des ersten Angebots nicht vorgelegen haben, ausgenommen Angebote nach § 14 Absatz 6.

§ 14 Absatz 6, Nr. 1 VOB/A
Ein Angebot, das nachweislich vor Ablauf der Angebotsfrist dem Auftraggeber zugegangen war, aber bei Öffnung des ersten Angebots aus vom Bieter nicht zu vertretenden Gründen dem Verhandlungsleiter nicht vorgelegen hat, ist wie ein rechtzeitig vorliegendes Angebot zu behandeln.

Ende der Angebotsfrist bei Vergabeverfahren  gemäß VOL/A

Bei Vergabeverfahren  gemäß VOL/A gibt es kein Anwesenheitsrecht der Bieter wie in § 14 Abs. 1 VOB/A  vorgesehen. Im Gegensatz zu den Vergabeverfahren gemäß VOB/A muss bei den Vergabeverfahren gemäß VOL/A der Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist (Abgabetermin) und der Zeitpunkt der Angebotsöffnung (nichtöffentlich) unterschieden werden.

Abgabetermin und Angebotsöffnung bei Vergabeverfahren gemäß VOL/A


Auch wenn die beiden Termine entkoppelt sind und die Regelung aus der VOL/A 2006 "Die Verhandlung zur Öffnung der Angebote soll unverzüglich nach Ablauf der Angebotsfrist stattfinden." in der aktuellen VOL/A entfallen ist, sollte aus Gründen eines zügigen Vergabeverfahrens sowie einer nicht unnötig langen Bindefrist, der Zeitraum zwischen  Abgabetermin und Angebotsöffnung möglichst kurz gehalten werden.

Ende der Angebotsfrist bei Vergabeverfahren  gemäß VOB/A

Bei Vergabeverfahren  gemäß VOB/A endet die Angebotsfrist, sobald der Verhandlungsleiter im Eröffnungstermin mit der Öffnung der Angebote beginnt.

§ 10 Abs. 2 VOB/A
Die Angebotsfrist läuft ab, sobald im Eröffnungstermin der Verhandlungsleiter mit der Öffnung der Angebote

§ 14 Abs. 1 VOB/A
Bei Ausschreibungen ist für die Öffnung und Verlesung (Eröffnung) der Angebote ein Eröffnungstermin abzuhalten, in dem nur die Bieter und ihre Bevollmächtigten zugegen sein dürfen. Bis zu diesem Termin sind die zugegangenen Angebote auf dem ungeöffneten Umschlag mit Eingangsvermerk zu versehen und unter Verschluss zu halten. Elektronische Angebote sind zu kennzeichnen und verschlüsselt aufzubewahren.

Rücknahme von Angeboten

Bis zum Ablauf der Angebotsfrist (also innerhalb der Angebotsfrist) können bereits abgegebene Angebote zurückgezogen werden. http://www.fachverlag-ferber.blogspot.de/2012/09/konnen-angebote-in-einem-offentlichen.html


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Sonntag, 23. September 2012

Bindefrist / Zuschlagsfrist

Die Bindefrist bezeichnet die Spanne, bis zu deren Ablauf ein Bieter an sein Angebot gebunden ist. Mit dem Ende der Angebotsfrist und dem Beginn der Bindefrist können die Bieter ihre Angebote nicht mehr zurückziehen (siehe hierzu http://fachverlag-ferber.blogspot.de/2012/09/konnen-angebote-in-einem-offentlichen.html).

Bindefrist
Gemäß § 10 Abs. 1 VOL/A bzw. § 12 EG Abs. 1 VOL/A sind für die Geltung der Angebote angemessene Fristen vorzusehen.

§ 10  Abs. 1, VOL/A:
Für die Bearbeitung und Abgabe der Teilnahmeanträge und der Angebote sowie für die Geltung der Angebote sind ausreichende Fristen (Teilnahme-, Angebots und Bindefristen) vorzusehen.

§ 12 EG Abs. 1, Satz 2 VOL/A:
Die Auftraggeber bestimmen eine angemessene Frist, innerhalb der die Bieter an ihre Angebote gebunden sind (Bindefrist).

Die VOB/A wird hier wesentlich konkreter (Die VOB/A verwendet den Begriff Zuschlagsfrist, die VOL/A den Begriff Bindefrist.):


§ 10  Abs. 6, VOB/A:
Die Zuschlagsfrist soll so kurz wie möglich und nicht länger bemessen werden, als der Auftraggeber für eine zügige Prüfung und Wertung der Angebote (§ 16) benötigt. Eine längere Zuschlagsfrist als 30 Kalendertage soll nur in begründeten Fällen festgelegt werden. Das Ende der Zuschlagsfrist ist durch Angabe des Kalendertages zu bezeichnen.

§ 10  Abs. 7, VOB/A:    
Es ist vorzusehen, dass der Bieter bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an sein Angebot gebunden ist.

Zuschlagsfrist bei der VOB/A

Die Bindefrist beginnt wie die Zuschlagsfrist mit dem Eröffnungstermin und endet mit dem Ende der Zuschlagsfrist und sind zeitlich identisch



Was passiert, wenn die Bindefrist/Zuschlagsfrist abgelaufen ist und noch keine Auftragsvergabe erfolgt ist?

Bindefrist abgelaufen

Kann der Auftraggeber bis zum Ende der Bindefrist keinen Zuschlag vornehmen, muss er die Bieter, die für die Zuschlagserteilung in die engere Wahl kommen, um eine Verlängerung der Bindefrist ihrer Angebote bitten. Das Vergabeverfahren kann somit auch nach Ablauf der Bindefrist fortgesetzt werden (-> BayObLG, 1.10.2001 - Verg 6/01; siehe hierzu VergabeR, 2002, S. 63 ff.). Es ist nicht erforderlich, dass alle  Bieter, die in die engere Wahl kommen, der Bindefristverlängerung zustimmen.

Verlängerung der Bindefrist
Stimmen Bieter nicht der Verlängerung der Bindefrist zu oder stimmen Bieter nur unter Vorbehalt bzw. Änderungswünschen zu, so sind diese Angebote nicht zu werten.

Weiteres über Fristen im Vergabeverfahren vermittelt das eintägige 
Seminar Praxisratgeber Vergaberecht - Fristen im Vergabeverfahren.
 






Samstag, 22. September 2012

Vergaberechtsübersicht

Vergaberechtsübersicht

GPA (Government Procurement Agreement)

Das GPA (Government Procurement Agreement) ist eine Vereinbarung der Europäischen Union und weiterer 14 Mitglieder der Welthandelsorganisation über die diskriminierungsfreie, transparente und rechtsstaatliche Vergabe von öffentlichen Aufträgen.

Wichtige EU-Vergabe-Richtlinien

  • Richtlinie 2004/17/EG: Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung.
  • Richtlinie 2004/18/EG: Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge.
  • Richtlinie 2009/81/EG: Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteitigung und Sicherheit.
 

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB dient der Umsetzung der europäischen Vergaberichtlinien in das deutsches Recht und beinhaltet die Grundsätze:
  • Wettbewerbsgrundsatz
  • Transparenzgebot
  • Diskriminierungsverbot bzw. Gleichbehandlungsgrundsatz
Mit dem GWB, vierter Teil werden die wesentlichen Grundsätze der Vergabeverfahren und des Rechtschutzes bei Vergabeverfahren geregelt und teilt sich in drei Abschnitte auf:
  1. Abschnitt: Vergabeverfahren (§§ 97 – 101b)
  2. Abschnitt: Nachprüfungsverfahren (§§ 102 -124)
  3. Abschnitt: Sonstige Regelungen (§§ 125 - 129b)

Sektorenverordnung - SektVO

Die Sektorenverordnung wird für die Vergabe von Aufträgen, die im Zusammenhang mit Tätigkeiten
auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs (Sektorentätigkeiten)
vergeben werden, angewendet (-> § 1 Abs. 1 SektVO). Die Sektorenverordnung umfasst aber nicht die Bau- und Dienstleistungskonzessionen. Die Verordnung gilt nur für Aufträge, deren geschätzte Auftragswerte die Schwellenwerte erreichen oder übersteigen (-> § 1 Abs. 2 SektVO).

Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit - VSVgV

Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit wird für die Vergabe von verteidigungs- und sicherheitsrelevanten Aufträgen angewendet (-> § 1 Abs. 1 VSVgV). Erfasst sind Aufträge, deren geschätzter Auftragswert ohne Umsatzsteuer die Schwellenwerte erreicht oder überschreitet (-> § 1 Abs. 2 VSVgV).

Vergabeverordnung VgV

Die VgV hat im Wesentlichen eine Scharnier-funktion zwischen GWB und Vergabeordnungen VOL, VOB, VOF. Welche Vergabeordnung im Einzelnen für eine Auftragsvergabe gilt - man spricht vom sog. Schubladenprinzip -, wird in §§ 4-6 VgV geregelt.

Verdingungs-/Vergabeordnungen

In den Vergabeordnungen VOL, VOB, VOF sind die Regeln zur Auftragsvergabe enthalten. Keine staatlichen Normen, weder Verordnungen noch Satzungen noch gar gesetzliche Vorschriften. Sie werden von den Verdingungsausschüssen verabschiedet.


Sonntag, 9. September 2012

Können Angebote in einem öffentlichen Vergabeverfahren zurückgezogen werden?

Diese Frage stellt sich dann, wenn ein Bieter bereits sehr frühzeitig sein Angebot abgegeben hat, die Kalkulationsgrundlage sich aber z.B. durch Dollarkursänderung geändert hat und er ein neues Angebot abgeben möchte. Oder es sind Umstände eingetreten, so dass er kein Interesse mehr an dieser Ausschreibung hat.

Für Vergabeverfahren gemäß VOL/A und VOB/A wird diese Frage im Folgenden beantwortet.

Die Veröffentlichung einer Ausschreibung ist die Einladung an die Bieter Angebote abzugeben. Die Angebote der Bieter im Ausschreibungsverfahren sind Angebote im Sinne des Zivilrechts  und es gelten §§ 145-149 BGB. Der Zuschlag durch den Auftraggeber stellt dann die Annahme des Angebotes dar (§§ 150 und 151 BGB) (siehe hierzu Heiermann/Zeiss/Kullack/Blaufuß. Juris Praxiskommentar Vergaberecht, S. 19, 2. Auflage 2008). Grundsätzlich sind die Bieter an ihre Angebote bis zum Ende der Bindefrist gebunden (§ 145 BGB) und können diese nicht zurückziehen.
Angebots- und Bindefrist bei Vergabeverfahren gemäß VOL/A
Angebots- und Zuschlagsfrist bei Vergabeverfahren gemäß VOB/A
Die VOL/A und die VOB/A stellen aber sicher (§ 10 Abs. 2 VOL/A sowie § 12 EG Abs. 10 VOL/A und § 10 Abs. 3 VOB/A (2012) sowie § 10 EG Abs. 8 VOB/A (2012)), dass die Bieter bis zum Abgabetermin (gemäß VOL/A) bzw. bis zum Eröffnungstermin gemäß VOB/A ihre Angebote zurückziehen können.

§ 10 Abs. 2 VOL/A: Bis zum Ablauf der Angebotsfrist können Angebote in allen für deren Einreichung vorgesehenen Formen zurückgezogen werden.

§ 12 EG Abs. 10 VOL/A: Bis zum Ablauf der Angebotsfrist können Angebote in allen für deren Einreichung vorgesehenen Formen zurück-gezogen werden.

§ 10 Abs. 3 VOB/A (2012): Bis zum Ablauf der Angebotsfrist können Angebote in Textform zurückgezogen werden.

§ 10 EG Abs. 8 VOB/A (2012): Bis zum Ablauf der Angebotsfrist können Angebote in Textform zurückgezogen werden.


Damit können die Angebote bis zum Ablauf der Angebotsfrist (also innerhalb der Angebotsfrist) zurückgezogen werden.  Eine Rücknahme des abgegebenen Angebotes nach der Angebotsfrist ist nicht mehr möglich. Die Bieter sind dann an ihr Angebot bis zum  Ende der geforderten Bindefrist gebunden.


Dienstag, 4. September 2012

Fristen bei der Informations- und Wartepflicht - Teil II

Eine fehlerhafte Fristberechnung zur  Informations- und Wartepflicht kann schwerwiegende Konsequenzen im Vergabeverfahren haben.

Wird der Zuschlag vom Auftraggeber verfrüht erteilt und damit die Frist bei der Informations- und Wartepflicht (-> § 101a GWB) nicht eingehalten, so kann dies zur Feststellung der Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages führen (->§ 101b GWB). (siehe hierzu Fristen bei der Informations- und Wartepflicht - Teil I )  

Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information zur beabsichtigten Zuschlagserteilung geschlossen werden (-> § 101a GWB Abs. 1, Satz 3). Wird die Information per Fax oder auf elektronischem Weg versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage (-> § 101a GWB Abs. 1, Satz 4).

Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an (-> § 101a GWB Abs. 1, Satz 5).

Beispiel 1: Versand der Information per Post = 15-tägige Wartefrist:
Im Beispiel wird die Information an die betroffenen Bieter Montags per Post versendet. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung um 0:00 Uhr (im Beispiel Dienstag) und endet am 15. Tag um 24:00 Uhr. Gezählt werden Kalendertage.


 Der Zuschlag kann dann ab dem 16. Tag (im Beispiel ab Mittwoch) erfolgen.

Beispiel 2:  Versand der Information per Fax oder elektronisch = 10-tägige Wartefrist - Fristende an einem Sonntag:
Da die Information zur beabsichtigten Zuschlagserteilung in diesem Beispiel per Fax oder elektronisch per E-Mail versendet wurde, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Im Beispiel wird die Information an die betroffenen Bieter Donnerstags per Fax oder elektronisch per E-Mail versendet. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung um 0:00 Uhr (im Beispiel Freitag) und endet am 10. Tag um 24:00 Uhr an einem Sonntag.
Eine Verschiebung des Fristendes auf den folgenden Werktag gemäß § 193 BGB findet hier nicht statt, da am letzten Tag der Frist keine Handlung vorzunehmen ist, sondern nur eine Rechtswirkung eintritt und somit die Vorraussetzung zur Anwendung von § 193 BGB nicht gegeben ist. Der Zuschlag kann dann am folgenden Montag erfolgen.

Beispiel 3: Versand der Information per Fax oder elektronisch = 10-tägige Wartefrist mit Feiertagen:
Wie in Beispiel 2 verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage, da die Information zur beabsichtigten Zuschlagserteilung in diesem Beispiel per Fax oder elektronisch per E-Mail versendet wurde. Für die Berechnung der Frist werden nur Kalendertage betrachtet, unabhängig ob Werktag, Sonntag oder Sonnabend oder Feiertag.
Auch hier gilt wie in Beispiel 2: Eine Verschiebung des Fristendes auf den folgenden Werktag gemäß § 193 BGB findet hier nicht statt, da am letzten Tag der Frist keine Handlung vorzunehmen ist, sondern nur eine Rechtswirkung eintritt und somit die Vorraussetzung zur Anwendung von § 193 BGB nicht gegeben ist. Der Zuschlag kann dann am folgenden Montag erfolgen.


 (-> Thomas Ferber. Praxisratgeber Vergaberecht - Fristen im Vergabeverfahren, 2. Aufl. Februar 2012, S. 127 -133)

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Montag, 3. September 2012

Fristen bei der Informations- und Wartepflicht

Bei öffentlichen Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte muss der Auftraggeber gemäß § 101a GWB vor der Zuschlagserteilung die Informations- und Wartepflicht einhalten.

Die betroffenen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, müssen über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses
unverzüglich in Textform informiert werden (-> §101a GWB Absatz 1, Satz 1).

Die versendete Vorabinformation muss mindestens den folgenden Inhalt haben:
  • Name des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll,
  • Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung und
  • frühester Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
Gemäß § 101a GWB Abs. 1, Satz 3 darf ein Vertrag erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information geschlossen werden. Wird die Information per Fax oder auf elektronischem Weg versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage (-> § 101a GWB Abs. 1, Satz 4).

Wird gegen diese Informations- und Wartepflicht verstoßen und wird dieser Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt, so ist ein bereits geschlossener Vertrag von Anfang an unwirksam. Die Unwirksamkeit kann im Nachprüfungsverfahren nur dann festgestellt werden, wenn zwei Fristen eingehalten wurden (-> § 101b GWB Abs. 2):
  • Der Nachprüfungsantrag darf nicht später als sechs Monate nach Vertragsabschluss gestellt werden.
  • Der Nachprüfungsantrag muss innerhalb von 30 Kalendertagen nach Kenntnis des Verstoßes gestellt werden.    
Die einzige Ausnahme von der Informations- und Wartepflicht besteht gemäß §101a GWB Abs. 2     in Fällen besonderer Dringlichkeit bei Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung. Die Hürden für diese Fälle liegen allerdings sehr hoch. Die zwingende Dringlichkeit darf z.B. nicht durch vorherige Untätigkeit des Auftraggebers verursacht sein.

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