Donnerstag, 24. November 2016

Die lineare Interpolationsmethode im Vergabeverfahren

Soll in einem Vergabeverfahren neben dem Angebotspreis auch die Leistung in Form von Leistungspunkten berücksichtigt werden, dann kann die Wirtschaftlichkeit nur über die Zuschlagsformel einer Bewertungsmethode ermittelt werden. Und hier muss der Auftraggeber im Vorfeld eine bewusste Entscheidung für eine Bewertungsmethode treffen.

Eine gängige und beliebte Bewertungsmethode bei Vergabeverfahren ist die Umrechnung der Angebotspreise in Preispunkte durch eine lineare Interpolation bei der der günstigste Angebotspreis die maximale Preispunktzahl erhält und ein fiktives Angebot mit einem Angebotspreis vom Zweifachen des günstigsten Angebotspreises 0 Preispunkte erhält, dazwischen wird linear interpoliert. Angebote, die teurer als das fiktive Angebot sind, erhalten ebenfalls null Preispunkte.




Für die Zuschlagsentscheidung wird eine Gesamtpunktzahl aus der Summe der gewichteten Leistungspunkte und der gewichteten Preispunkte betrachtet.



Da in dieser Bewertungsklasse Preis- und Leistungsterm mit Gewichtungsfaktoren versehen sind, können Preis und Leistung mit unterschiedlichen Gewichten in die Bewertung einfließen. Soll z. B. dem Preis eine deutlich größere Bedeutung bei der Wertung zukommen, so könnte eine Gewichtung des Preises mit 70 % und eine Gewichtung der Leistung mit 30 % wünschenswert sein. Auch der umgekehrte Fall ist denkbar, bei dem die Leistung stärker Berücksichtigung finden soll und der Preis mit 30 % und die Leistung mit 70 % gewichtet werden soll.

Beispiel

Gewertet werden sollen drei Angebote mit den folgenden Angebotspreisen und Leistungspunkten.


Das preisgünstigste Angebot A erhält die maximale mögliche Preispunktzahl von 100 Punkten. 0 Punkte erhält ein fiktives Angebot mit dem Doppelten des niedrigsten Angebotspreises. Dazwischen wird linear interpoliert. Grundsätzlich gilt bei dieser Methode im Bereich der Angebotspreise zwischen dem niedrigsten Angebotspreis und dem 2-fach niedrigsten Angebotspreis der einfache Zusammenhang: Ein x% vom niedrigsten Angebotspreis teureres Angebot erhält x% weniger Preispunkte.

Transformation der Angebotspreise in Preispunkte durch Interpolation

Gewichtung von 60% Preis und 40% Leistung

Gewichtung von 60% Preis und 40% Leistung

Bei einer Gewichtung von 60% Preis und 40% Leistung erhält Angebot A (rot) mit einer Gesamtpunktzahl von 84 Punkten den Zuschlag.

Gewichtetes Preis-Leistungs-Diagramm


Gewichtung von 40% Preis und 60% Leistung


Gewichtung von 40% Preis und 60% Leistung
Bei einer Gewichtung von 40% Preis und 60% Leistung erhält Angebot B (grün) mit einer Gesamtpunktzahl von 79,5 Punkten den Zuschlag.

Gewichtetes Preis-Leistungs-Diagramm

Gewichtung von 35% Preis und 65% Leistung


Gewichtung von 35% Preis und 65% Leistung
Bei einer Gewichtung von 35% Preis und 65% Leistung erhält das leistungsstärkste Angebot C (blau) mit einer Gesamtpunktzahl von 81,2 Punkten den Zuschlag.

Gewichtetes Preis-Leistungs-Diagramm
Literaturhinweise:
  1. Ferber in: Müller-Wrede, Malte (Hrsg.). VgV Kommentar (ISBN 978-3-8462-0556-3), 01/2017, § 58 Abs. 2 S. 1 VgV.
  2. Schäffer/Ferber. Zur (Un-)Zulässigkeit gängiger Wertungsmethoden, Vergabe Fokus 6/2016.
  3. Ferber. Vor- und Nachteile verschiedener Wertungssysteme, Vergabe Fokus 6/2016.
  4. Ferber. Das Rätsel „Preis-Leistungs-Verhältnis", Vergabe Navigator, Sonderheft 2016.
  5. Ferber. Was bedeutet „Preis-Leistungs-Verhältnis“ im Vergaberecht, blog.cosinex.de, 15.11.2016. 
  6. Ferber. Ein neuer Begriff von Wirtschaftlichkeit, Vergabe Navigator, Heft 3/2016, S. 5-10.
  7. Ferber. Bewertungskriterien und -matrizen im Vergabeverfahren, (ISBN 978-3-8462-0471-9), 10/2015 Bundesanzeiger Verlag.

Seminar Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen

Das Seminar Praxisratgeber Vergaberecht - Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen behandelt die Besonderheiten der Bewertungskriterien und Bewertungsmatrizen in Vergabeverfahren:
  • Welche Kriterien sind neben dem Preis möglich und erlaubt? 
  • Transparenzgebot 
  • Die richtigen Kriterien finden, Wirtschaftlichkeit der Angebote 
  • Ausschlusskriterien, Bewertungskriterien, 
  • Gewichtung von Kriterien 
  • Preis-Leistung 
  • Richtwertmethode, erweiterte Richtwertmethode, gewichtete Richtwertmethode 
  • Mittelwertmethode, Medianmethode, Referenzwertmethode 
  • Interpolationsmethoden, Preisquotientenmethode
  • Vor- und Nachteile, Besonderheiten der verschiedenen Methoden, Störanfälligkeit und Stabilität der Methoden 
  • Erstellen von Bewertungsmatrizen, Notenskalen 
  • Vermeiden von Komplexität, Analyse von Bewertungsmatrizen 
  • Auswertung mit Hilfe von Bewertungsmatrizen 
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Die nächsten Termine:
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28.09.2017 Köln: Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen

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